Die strikte Abgrenzung von Marketing und Vertrieb ist im B2B-Bereich ein Auslaufmodell. Der Trend geht zur Auflösung vorhandener Abteilungsgrenzen und zur Etablierung eines professionellen Customer Experience Managements. Warum, lesen Sie hier.
Aufgaben und Abgrenzungen von Marketing und Vertrieb
Sowohl dem Marketing als auch dem Vertrieb obliegt die Aufgabe, Produkte oder Dienstleistungen bestmöglich „an den Mann“ zu bringen – beziehungsweise im B2B-Segment an den Geschäftskunden. Die traditionelle Aufgabenteilung sieht so aus: Während das Marketing für die Vermarktung der Produkte oder Leistungen eines Unternehmens zuständig ist, kümmert sich der Vertrieb um den Absatz. Das Marketing sorgt also für Nachfrage der Kunden, der Vertrieb bringt die Produkte zu den Kunden oder führt die Dienstleistungen dort ein.
Die Verantwortlichkeiten für den Umsatz lagen gerade im B2B-Bereich vornehmlich beim Vertrieb. Die Marketing-Abteilungen hatten sich in erster Linie um Dinge wie die Produktion von Broschüren oder die Organisation von Messeauftritten zu kümmern. Doch diese strikte Trennung weicht immer mehr auf. Die stetige Digitalisierung trägt stark dazu bei, dass sich Vertrieb und Marketing kaum noch separat voneinander betrachten lassen. Das unterstreicht auch die Studie „Digitalisierungsindex in Marketing und Vertrieb“, die von der Hochschule Esslingen in Zusammenarbeit mit KPMG durchgeführt wurde. Danach erkennen Unternehmen, dass die Customer Journey eine Trennung der beiden Abteilungen nur noch schwer zulässt. Ein Beispiel: der eigene Webshop, in dem sowohl der Vertriebsweg als auch marketingrelevante Aspekte abgebildet werden müssen.
Verlängerter Sales Funnel für das Marketing
Das Verschwimmen dieser Grenzen zeigt sich auch im Sales Funnel (Verkaufstrichter). Dieses Modell ist eine Möglichkeit, die Customer Journey abzubilden. Er ist in drei Abschnitte gegliedert:
- Der Top of the Funnel (ToFu) umfasst die Awareness-Phase des Kunden, in der die Aufmerksamkeit der Kunden generiert werden soll.
- Der Middle of the Funnel (MoFu) umfasst die Consideration-Phase, in der sich Kunden bereits mit Lösungen für ihre Probleme beschäftigen.
- Der Bottom of the Funnel (BoFu) umfasst die Conversion-Phase, in der der Kunde für Leads empfänglich ist.
Traditionell war das Marketing vor allem in der Awareness-Phase aktiv, wo es über Werbung oder passgenauen Content die Zielgruppe erreichen soll. Der Vertrieb kam bereits In der Consideration-Phase ins Spiel, in der es darum geht, der Zielgruppe das Produkt als Teil der Lösung zu präsentieren. Die Conversion-Phase war weitgehend die alleinige Domäne des Vertriebs.
Nun zeigt sich, dass das Marketing im Sales Funnel eine immer gewichtigere Rolle spielt und sich die Verantwortung verschiebt. Denn die fortschreitende Digitalisierung hat dazu geführt, dass die Informationshoheit nicht mehr beim Vertrieb liegt, sondern beim Kunden selbst. Aufgrund der umfassenden Informationsmöglichkeiten auf verschiedenen Kanälen ist der Beschaffungsprozess schon weit fortgeschritten, ehe ein potenzieller Kunde den Kontakt zu einem Lieferanten überhaupt aufnimmt – und den Vertrieb damit ins Spiel bringt. Das gilt insbesondere im B2B, wo die Themen und Produkte nach wie vor komplex sind.
Das Marketing kann also den Kunden durch die Bereitstellung relevanten Contents während eines Großteils seines Beschaffungsprozesses begleiten und bis kurz vor dem Lead durch den Sales-Funnel „schieben“. Der Vertrieb bewertet die Leads und schließt das Geschäft im Erfolgsfall ab.
Marketing und Vertrieb als eine Einheit
Beide Abteilungen sind für den Gesamterfolg also voneinander abhängig. Dennoch haben sie unterschiedliche Ansätze: Während Marketing-Teams meist produkt- und zukunftsorientiert denken, handelt der Vertrieb üblicherweise kundenorientiert und ist auf den kurzfristigen Erfolg aus.
Das sorgt für Spannungen zwischen den Abteilungen. Um eine nahtlose Kundenbetreuung sicherzustellen, sollten Marketing und Vertrieb künftig besser kooperieren und sich als eine Einheit verstehen. Es gilt, vorhandenes Silodenken in Abteilungen abzubauen und den Kundennutzen bei der Digitalisierung in den Vordergrund zu stellen. Das übergeordnete Ziel ist eine ganzheitliche Customer Experience mit relevanten Inhalten an jedem Punkt der Customer Journey.
Kontinuierlicher Austausch, regelmäßiges gegenseitiges Feedback und klare Zieldefinitionen von beiden Seiten sind dazu notwendig. Denn fehlende Transparenz in Bezug auf Ziele, Kundennutzen und Kommunikation ruft unweigerlich Konflikte hervor, die sich zwangsläufig negativ auf den Umsatz auswirken.