Was wird das SEO-Jahr 2020 bringen? Welche Maßnahmen sollten B2B-Unternehmen ergreifen, um in den Suchergebnissen künftig eine gute Rolle zu spielen? Das verrät Christian Kunz im Interview. Der Betreiber des Blogs SEO Südwest beschäftigt sich schon seit mehr als 20 Jahren mit SEO und Suchmaschinen. Sein Schwerpunkt liegt auf der regelmäßigen Berichterstattung über aktuelle SEO- und Suchmaschinen-News.
Herr Kunz, welche SEO-Trends sehen Sie für das B2B-Segment 2020 oder in den kommenden Jahren, die bisher nicht oder nicht so ausgeprägt auf der Agenda standen?
Generell lassen sich viele Trends in Bezug auf B2C oder B2B gar nicht so stark voneinander abgrenzen, da sie für beide Bereiche relevant sind. Wenn ich aber einige Punkte für den B2B-Bereich hervorheben sollte, sind das die Navigation und Architektur auf der Unternehmens-Website, die Qualität der Website-Inhalte mit dem großen Schlagwort E.A.T. und strukturierte Daten.
Gehen wir der Reihe nach. Was gibt es hinsichtlich der Navigation denn Neues zu beachten?
Wer im Internet auf eine B2B-Seite gelangt, merkt das heutzutage noch ziemlich schnell: Es ist schwer, sich zwischen den verschiedenen Hierarchie-Bäumen zurechtzufinden. Die Produktart auf der einen Seite, der Hersteller auf der anderen Seite und gegebenenfalls noch Anwendungsmöglichkeiten in einem dritten Bereich – das ist nicht nur unübersichtlich, sondern auch für Google problematisch. Denn wenn die Seiten über verschiedene Hierarchien erreichbar sind, entstehen dadurch unter Umständen verschiedene URLs und es kann auf diese Weise zu Doppelungen kommen, sogenanntem Duplicate Content. Dieser kann zu einem niedrigeren Ranking der Inhalte bei Google führen.
War das nicht schon immer so oder warum sehen Sie diesen Punkt als Trend an?
Trend insofern, als dass die Mittelständler im B2B-Bereich diese Problematik zunehmend erkennen und angehen. Hier findet ein Umdenken statt, und wer da nicht ins Hintertreffen geraten möchte, sollte die Navigation auf seiner Website spätestens in diesem Jahr optimieren.
Was verbirgt sich denn unter dem Schlagwort E.A.T. und warum ist das für B2B-Unternehmen besonders wichtig?
E.A.T. steht für Expertise, Authoritativeness and Trustworthiness. Gerade in typischen B2B-Branchen wie Medizin oder Energie oder anderen sensiblen Bereichen wie Finanzen und Recht legt Google immer mehr Wert auf qualitativ hochwertige Inhalte, die sich anhand der E.A.T.-Schlagworte einordnen lassen: Texte sollten also von Experten geschrieben werden, die sich allem Anschein nach auskennen mit dem Thema und optimaler Weise noch anerkannte Autoritäten in ihrem Fachgebiet sind. Zusätzlich sollte die Vertrauenswürdigkeit der Informationen durch hochwertige Links belegt werden.
Christian Kunz, SEO-Experte und Betreiber des Blogs SEO Südwest
Google hat diese Kriterien in seinen Quality Rater Guidelines stärker hervorgehoben. Das sind Richtlinien für die manuelle Qualitätsprüfung von Websites, nach denen Google-Mitarbeiter Suchergebnisse bewerten. Und nach diesen Ergebnissen werden die Algorithmen neu justiert, um es vereinfacht auszudrücken. In dieser Konsequenz wurden nach dem letzten Google-Update beispielsweise diverse Seiten mit medizinischen Inhalten abgestraft, da diese offenbar als nicht seriös genug eingestuft wurden.
Und was hat es mit dem SEO-Trend der strukturierten Daten auf sich?
Das sind Daten, die in den Code einer Website eingefügt werden und dadurch bestimmte Elemente für Google besonders hervorheben. Ein Beispiel: strukturierte Daten für Produkte. Da können dann Angaben zum Hersteller, zum Preis oder Bewertungen einfließen, die Google in den Suchergebnissen darstellt, beispielsweise in einem sogenannten Rich Snippet, das unter einem Treffer auf der Ergebnisseite angezeigt wird. Die Bandbreite der strukturierten Daten, die Google verwendet, steigert sich zusehends – insofern ist dieser Bereich auch ein wichtiger B2B-Trend. Das hört sich für einen Mittelständler jetzt vielleicht kompliziert an, aber es gibt einige Tools und Plug-ins, die die Anwendung erleichtern.
Gibt es darüber hinaus noch generelle SEO-Trends, die im B2B-Segment genauso wichtig sind wie im B2C?
Der Qualitätsaspekt wird in allen Bereichen immer wichtiger, nicht nur was den Content angeht. Google misst beispielsweise dem Verhältnis von Werbung und Inhalt große Bedeutung zu oder auch der technischen Qualität der Website – Stichwort Page Speed. Früher war es angemessen, wenn sich eine Website in drei bis fünf Sekunden aufgebaut hat, heute sollte eine Seite innerhalb einer Sekunde geladen sein und zumindest die wesentlichen Inhalte anzeigen, damit Google zufrieden ist. Zusammengefasst lässt sich sagen: Google erkennt immer besser, was die Nutzer wollen. Und wenn die Nutzerbedürfnisse befriedigt werden, ist die Chance auch groß, gut gerankt zu werden.
Thema Technik: Im B2B-Bereich kommen viele Suchanfragen immer noch über Desktop-Geräte. Sollte die Website trotzdem für mobile Anfragen optimiert werden?
Auf jeden Fall. Google verwendet bei neuen Websites ja schon seit einiger Zeit nur noch die mobile Version für die Berechnung der Rankings. Und auch bestehende werden nach und nach umgestellt. Zudem wächst die Anzahl der mobilen Nutzer ja auch im B2B stetig. Um sowohl Desktop- als auch mobile Nutzer zufriedenzustellen, sollte die Darstellung mittels Responsive Design optimiert werden. Google rät davon ab, zwei verschiedene Varianten für Mobile beziehungsweise Desktop anzubieten. Zumal sich auch der Pflegeaufwand für die Website verdoppeln würde.
Es findet ein Umdenken statt, und wer da nicht ins Hintertreffen geraten möchte, sollte die Navigation auf seiner Website spätestens in diesem Jahr optimieren.
Welchen Einfluss haben die sich ständig ändernden Google-Algorithmen auf die SEO-Strategie? Was ist aktuell durch das BERT-Update von Ende 2019 zu beachten?
Die sogenannten Core-Updates von Google haben entscheidenden Einfluss auf die Bewertung von Websites. Bei BERT geht es jedoch nicht darum, wie Daten indexiert oder gerankt werden. Es handelt sich dabei um ein Modell zum Verstehen natürlicher Sprache. In der Regel müssen Unternehmer hinsichtlich BERT gar nichts verändern, sofern die Texte bereits klar gegliedert und verständlich geschrieben sind.
Und wenn ein neues Core-Update angekündigt wird?
Das Problem ist, dass Google zwar manche Updates ankündigt, aber keine konkreten Handlungsempfehlungen mehr mitgibt. Unternehmer sollten in solchen Fällen aber ihre Homepage und die Unterseiten auf die aktuellen Rankings überprüfen. Haben diese verloren, stellt sich die Frage, woran das liegen könnte: Gibt es inhaltliche Gründe, ist der Aufbau der Website verbesserungswürdig, habe ich technische Probleme? Diese Analyse ist nicht einfach und erfordert einigen Aufwand. Es ist nicht mehr wie früher, dass an einer Stellschraube gedreht werden muss und alles ist wieder im Lot.
Für 2020 wird von vielen Experten der Durchbruch in der Sprachsuche erwartet – erstmals könnte die Mehrzahl aller Anfragen durch Voice Search kommen. Was sollte ich als Mittelständler in meiner SEO-Strategie deshalb ändern?
Webseitenbetreiber sollten sich überlegen, wie Nutzer über Sprachassistenten eine Suche formulieren. Vermutlich eher in ganzen Sätzen anstelle von kurzen Suchbegriffen. Dadurch ist es vielleicht noch sinnvoller als ohnehin schon, übersichtliche Fragen und Antworten auf seiner Website zu integrieren, also etwa in Form von FAQs.
B2C-Unternehmen haben ein großes Interesse, in den Rankings als Featured Snippet aufzutauchen, also als hervorgehobenes Suchergebnis, das dem Nutzer direkt eine prägnante Antwort liefert. Ist das auch für B2B-Unternehmen relevant oder benötigen diese eher den Klick, also den Besuch auf ihrer Homepage?
Das ist ein viel diskutiertes Thema. Ich bin aber der Meinung, dass ein Featured Snippet immer positiv ist, weil es Aufmerksamkeit bringt und auf die Wahrnehmung einzahlt. Das schafft Vertrauen und trägt zur Markenbildung bei. Diese Effekte gleichen in der Summe den ein oder anderen ausbleibenden Visit auf der Website mehr als aus.
Wenn wir über Suchergebnisse und SEO-Maßnahmen sprechen, meinen wir Google. Doch kommt der SEO-Traffic künftig verstärkt auch von alternativen Suchmaschinen? Microsoft will Bing ab Mitte Februar für Nutzer von Office 365 Pro Plus immerhin zur Standardsuche in Chrome machen. Auch der Wunsch nach einer Google-Alternative mit besserem Datenschutz kommt immer öfter auf.
Das hängt vom Markt ab. Für international tätige Unternehmen ist es durchaus sinnvoll, auch andere Suchmaschinen in die SEO-Überlegungen mit einzubeziehen. In den USA hat Bing einen wesentlich höheren Marktanteil als hierzulande, in Russland spielt Yandex eine große Rolle, in China ist Baidu extrem relevant. In Deutschland wird aber auch 2020 Google das Maß der Dinge bleiben – daran ändert auch die genannte Microsoft-Initiative nichts.