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Das B2B-Magazin für den digitalen Vertrieb.
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„Wer Daten lesen kann, versteht den Kunden“

Das Kundenverhalten im B2B hat sich in den letzten Jahren verändert. Interessenten bleiben im Kaufprozess oft länger anonym, bis sie den Vertrieb kontaktieren. Deshalb wird Data-Driven Marketing immer wichtiger.

Lutz Klaus, Gründer und Inhaber von Marketing ROI Consulting, beschäftigt sich schon lange mit den Vorteilen, die datenbasiertes Marketing mit sich bringt. 2018 erschien sein Buch „Data-Driven Marketing und der Erfolgsfaktor Mensch“ beim Springer Gabler Verlag. Im Interview verrät er, wie die gewonnenen Daten genutzt werden können, welche Maßnahmen Unternehmen einleiten sollten und warum die Trennung zwischen B2B und B2C immer unschärfer wird.

 

Kollegen reden über Daten

 

Herr Klaus, welche wesentlichen Vorteile bringt Data-Driven Marketing mit sich?

Data-Driven Marketing hilft, bessere Entscheidungen zu treffen und die Voraussetzungen für Erfolg in der Digitalisierung zu schaffen. In bestimmtem Maße handeln alle Unternehmen dateninformiert. Das Ganze passiert aber häufig mit Daten aus der Vergangenheit. Sie fahren quasi mit Blick in den Rückspiegel. Dazu kommt noch, dass Entscheidungen oftmals auf Basis persönlicher Erfahrungen und Bauchgefühl getroffen werden. „Data-Driven“ heißt, objektive Daten zielgerichtet zu sammeln, zu analysieren und zu nutzen, um Entscheidungsprozesse zu verbessern und das Geschäft durch Automatisierung zu skalieren.

Ausgangspunkt ist das veränderte Kundenverhalten in den vergangenen Jahren. Kaufprozesse finden zunehmend anonym statt, bis ein Interessent den Vertrieb kontaktiert. Analysten sprechen von bis zu 70 Prozent bei B2B und beim jährlich zweistellig wachsenden E-Commerce sind es sogar 100 Prozent. Im Extremfall kann es sein, dass wir unsere besten Kunden nie persönlich treffen.

Daten geben uns diesen Kontakt zurück. Sie zeigen uns anhand der digitalen Körpersprache, was der Kunde mag und was nicht. Das betrifft auch den Vertrieb sehr stark. Aus CRM (Customer Relationship Management, d.Red.) wird meines Erachtens CDM – Customer Data Management. Wer Daten lesen kann, versteht den Kunden. Kunden erwarten, dass man sie auch online kennt, persönlich anspricht und Inhalte auf ihre Bedürfnisse anpasst. In einer Studie bestätigen über 50 Prozent der Befragten, dass sie einen Anbieter verlassen würden, wenn er dies nicht schafft. Für Unternehmen heißt das, dass sie potenziell die Hälfte ihrer Kunden verlieren könnten – oder eben andere vom Wettbewerber gewinnen können, der nicht in Data-Driven Marketing investiert.
 


Können Sie das an einem konkreten B2B-Beispiel veranschaulichen?

Erfahrene Vertriebler erkennen an der Körpersprache ihres Gegenübers wichtige Kaufsignale. Data-Driven Marketing erkennt an der digitalen Körpersprache das konkrete Interesse eines Kunden und kann ihn durch gezielte Aktionen identifizieren und für eine Ansprache durch den Vertrieb qualifizieren.

Data-Driven Marketing hilft Unternehmen zu verstehen, welche Maßnahmen effektiv wirken. Durch konsequentes Messen und Optimieren werden Kanäle, Zeitpunkt und Inhalte optimiert. Brauchen wir wirklich noch eine weitere Broschüre oder muss die Messe noch sein? Was bringen uns eigentlich Google Ads, LinkedIn oder Facebook? Anstatt eine Vielzahl an Aktivitäten durchzuführen, hilft Data-Driven Marketing, die effektivsten Maßnahmen herauszufiltern. Durch Methoden wie Kennzahlentreiberbäume wird der Einfluss von Marketingaktivitäten auf Umsatzerfolge transparent. Darüber hinaus können Entscheider auf Basis objektiver Informationen simulieren, mit welchen Maßnahmen sie Ergebnisse verbessern können.
 

Data-Driven Marketing erkennt an der digitalen Körpersprache das konkrete Interesse eines Kunden und kann ihn durch gezielte Aktionen identifizieren und für eine Ansprache durch den Vertrieb qualifizieren.
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Wie kommen Unternehmen denn an die benötigten Daten und wie können diese so aufbereitet werden, dass aus „Big Data“ auch „Smart Data“ wird?

Wir können zwischen vier Datenquellen unterscheiden: erstellte, erhaltene, bezahlte und öffentliche Daten. Die erste Gruppe enthält Daten, die Unternehmen selbst erstellt oder erfasst haben und zur Verwertung zur Verfügung stehen. Ein Beispiel sind Produktinformationen aus installierten Maschinen. Die zweite Quelle betrifft Daten, die wir von unseren Kunden und Partnern erhalten. Dazu zählen beispielsweise Adressdaten im CRM oder die Kaufhistorie im ERP (Enterprise Resource Planning, d. Red.). Bezahlte Daten kommen von Dritten gegen ein entsprechendes Entgelt. Denken Sie an Affiliate-Marketing oder Vergleichsportale wie Check24. Öffentliche Daten schließlich – wie Wikipedia, grundlegende Wetteraussichten oder GPS-Daten – stehen jedem zur Verfügung.

Bevor wir uns über Datenquellen Gedanken machen, sollten wir jedoch die Verwendung klären. Das ist der erste Schritt, um eine Datenstrategie zu entwickeln. Ich halte nichts davon, erst Daten zu sammeln und sich dann Gedanken darüber zu machen, warum wir das tun. Unternehmen sollten bei den Zielen anfangen und sich dann überlegen, welche Daten sie benötigen. Geht es um Umsatzsteigerung, Kostensenkung, Produktivität, Kundenbindung ? Sobald dies feststeht, benötigen sie die notwendige Methodik, um erste datengetriebene Anwendungen zu entwickeln. Eine von mir gerne angewandte Methode ist der Einsatz von Canvas-Modellen der Firma Datentreiber in Workshops mit relevanten Beteiligten.

Welche Maßnahmen muss ein Unternehmen einleiten, um Data-Driven Marketing betreiben zu können?

Am Anfang steht eine Entscheidung vom Management, diesen Ansatz konsequent umzusetzen. Data-Driven Marketing ist kein befristetes Projekt, sondern eine langfristige Strategie, um in der Digitalisierung erfolgreich zu sein. Es ist auch keine Abteilungsinitiative, sondern ein Querschnittsthema für das gesamte Unternehmen. Dazu gehören die notwendigen Investitionen in Mitarbeiter, Qualifizierung und Technologie.

Die Mitarbeiter stehen bewusst an erster Stelle, da viele Initiativen an der fehlenden Adaption und hemmenden Unternehmenskultur scheitern. In meinem Buch „Data-Driven Marketing und der Erfolgsfaktor Mensch“ erfahren Leser sieben Schlüsselfaktoren und Kernkompetenzen für das Marketing der Zukunft und wie sie diese in der Praxis umsetzen.

Meine Empfehlung: 20 Prozent des Marketingbudgets für Analytik zu allokieren. Und natürlich spielt auch die IT eine zentrale Rolle. Bevor wir über Tools und Technologien sprechen, kann ich nur nochmals betonen, wie wichtig es ist, sich am Anfang über die Ziele im Klaren zu sein. Um diese neue Herangehensweise einzuführen und eine Datenkultur zu etablieren, empfiehlt sich bei Bedarf die Zusammenarbeit mit Experten von außen, die die notwendige Erfahrung haben. Interner Wandel benötigt oftmals externe Impulse.

 

Lutz Klaus, Gründer und Inhaber von Marketing ROI Consulting

Lutz Klaus, Gründer und Inhaber von Marketing ROI Consulting

Welche Besonderheiten gibt es im B2B-Segment beim Thema Data-Driven Marketing zu beachten?

Zunächst mal glaube ich, dass die Trennung zwischen B2B und B2C mehr und mehr verschwinden wird. Am Ende geht es immer um Menschen. Vor diesem Hintergrund ist der wesentliche Unterschied ein komplexerer Einkaufsprozess, der sich in längeren Zyklen und einer größeren Anzahl an Entscheidern ausdrückt.

Dieser Entwicklung begegnen viele Unternehmen mit der Einführung von Marketing-Automation, die aus meiner Sicht einen guten Startpunkt für datengetriebenes Marketing darstellt. Darauf aufbauend sollte konsequent an der Umsetzung der eigenen Datenstrategie weitergearbeitet werden. Das wird zur Kernkompetenz – und hier gilt es nicht, Lösungen von der Stange zu wählen, sondern einen maßgeschneiderten Ansatz.

 

Bevor wir uns über Datenquellen Gedanken machen, sollten wir jedoch die Verwendung klären.

Viele Unternehmen schrecken beim Thema Datenverarbeitung zurück, da die Datenschutzbestimmungen immer strenger werden …

Das halte ich für falsch, dies kann auf Dauer existenzbedrohende Folgen haben. Kunden wollen relevante Inhalte und haben unverändert ein Interesse an Kontakt mit Unternehmen. Hier gilt es, den Rahmen des Möglichen auszuschöpfen – in enger Zusammenarbeit mit Datenschutzexperten.

Lassen Sie mich dies an einem anderen Beispiel klarstellen: Ich gehe nicht zum Steuerberater, damit er mir sagt, was alles nicht möglich ist, sondern damit er mir hilft, meine Steuern im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zu reduzieren. Dasselbe Prinzip sollte für den Datenschutz und die damit Beauftragten gelten.

Wie können die gesammelten und segmentierten Daten schlussendlich optimal in Werbemaßnahmen umgesetzt werden? Können Sie das an einem Beispiel veranschaulichen?

Indem die Maßnahmen immer stärker auf die individuellen Bedürfnisse abgestellt werden, in Bezug auf Kanäle, Inhalte und Terminierung. Wenn Sie die führenden digitalen Plattformen nehmen, ist jede Seite personalisiert. Das ist die Benchmark. Ein konkretes Beispiel für Kampagnen ist die Verwendung sogenannter PURLs. Das sind personalisierte Webseiten, auf denen relevante Informationen nur für den Adressaten erscheinen. Neben persönlicher Anrede, Name und Telefon des zuständigen Account-Managers werden Angebote bedarfsgerecht übermittelt. Sie können heutzutage Videos oder auch holografische Darstellungen von Produkten einmal produzieren und tausendfach personalisieren. Personalisierung trägt zu besseren Ergebnissen bei, wenn die Datenbasis stimmt.

Wo sehen Sie das Data-Driven-Marketing in fünf Jahren? Wie wird es sich verändert und weiterentwickelt haben?

Data-Driven Marketing unterscheidet sich auch in der Zukunft nicht vom normalen Marketing: Es geht immer darum, Kunden zu finden, zu binden, weiterzuentwickeln und einen messbaren Wertbeitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten. Data-Driven Marketing kann zum Inkubator für die erfolgreiche Digitalisierung eines gesamten Unternehmens hin zum Data-Driven Business werden. Für Marketing ist das eine Riesenchance.

Ich sehe immer mehr den Trend, klassische Abteilungsstrukturen aufzulösen und Teams cross-funktional nach Marktsegmenten oder Themen wie Kundenbindung zu organisieren. Heute bekommen Bewerber kaum noch einen Job im Marketing, wenn sie nicht digitale Erfahrungen haben. In wenigen Jahren wird das vorausgesetzt. An die Stelle der Digitalkompetenz tritt Datenkompetenz in Verbindung mit analytischen Fähigkeiten.

Das gilt im Übrigen nicht nur für Marketing. Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit einen breiteren Einsatz fortschrittlicher Technologien einschließlich KI sehen. Zentralisierte Plattformen mit Kundendaten bilden dann das Fundament. Neben dem Einsatz von Standardanwendungen werden individualisierte Technologie-Stacks zum Wettbewerbsvorteil, um präzise und schnell am Markt agieren zu können. Mir ist noch die Aussage eines Digitalunternehmers in Erinnerung, der gesagt hat: „Ich möchte eine Idee am Morgen haben und nachmittags im Markt sein“.

 

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