Für exportierende Unternehmen aus Deutschland war die EU im Jahr 2020 mit einem Warenwert von gut 635 Milliarden Euro der größte Abnehmer. Wer in diesen Markt expandieren möchte, sollte sich gut vorbereiten. Fünf Empfehlungen für Mittelständler finden Sie hier.
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Bedeutung des europäischen Marktes für den Außenhandel
Europa ist ein starker Wirtschaftsraum, der aufgrund der derzeitigen Konflikte auf der Welt und den Schwierigkeiten in Verbindung mit den Folgen der Corona-Pandemie weiter an Bedeutung gewinnt – als Produktionsstandort und als Absatzmarkt. Auch wenn das Wachstumspotenzial im europäischen Raum begrenzt sein mag: Für exportierende Unternehmen aus Deutschland war die EU im Jahr 2020 mit gut 635 Milliarden Euro Warenwert der größte Abnehmer, alle anderen Länder auf der Welt kamen zusammen lediglich auf etwas mehr als 517 Milliarden Euro. Allein nach Frankreich wurden Waren im Wert von gut 90 Milliarden Euro exportiert.
Das bedeutet: Wer sein Business nach Europa ausdehnt, kann in großem Umfang davon profitieren. Allerdings sind längst nicht alle Expansionsvorhaben erfolgreich verlaufen. Denn was in Deutschland oder der DACH-Region funktionieren mag, muss außerhalb der deutschsprachigen Grenzen nicht unbedingt ebenso reibungslos ablaufen.
Für den Geschäftserfolg auf europäischen Märkten sind eine gute Vorbereitung und gezielte Informationen wesentlich. So bestehen beispielsweise Unterschiede im Wirtschaftsrecht und der Geschäftspraxis in den EU- und EFTA-Staaten – und diese können bei Missachtung zu kostspieligen Fehlern und Absatzeinbußen führen. Unternehmen müssen diese und andere Herausforderungen bewältigen, um in Europa Fuß fassen zu können. Die EIC Trier GmbH, die auslandsaktiven Unternehmen ein umfangreiches Informations- und Beratungsangebot für die erfolgreiche Markterschließung bietet, hält folgende fünf Empfehlungen für hiesige Unternehmen bereit, die den Schritt nach Europa wagen wollen.
Europa als Absatzmarkt erobern: Fünf Empfehlungen
1. Angebote für die Anbahnung von Geschäftskontakten nutzen
Mittelständler, die in die EU expandieren wollen, müssen sich zunächst überlegen, in welcher Form sie ihre Tätigkeit dort organisieren wollen. Kontakte lassen sich beispielsweise über Messen, Kooperationsbörsen oder auch über die Geschäftspartnersuche der Auslandshandelskammern knüpfen. Zudem unterstützt das EEN-Netzwerk der EU-Kommission KMU bei der Geschäfts- oder Vertriebspartnerrecherche in Europa sowie auch bei der Suche nach geeigneten Partnern aus dem EU-Ausland für Forschungs- und Entwicklungsprojekte.
2. Spielregeln der internationalen Vertragsgestaltung kennen
Da es kein allgemeingültiges EU-Kaufrecht gibt, ist es auch für Geschäfte innerhalb der EU wichtig, die Spielregeln der internationalen Vertragsgestaltung zu kennen. So sollten in Exportverträgen neben Vereinbarungen zu den Zahlungsmodalitäten und Lieferbedingungen auch Abmachungen zum anwendbaren Recht, zum Gerichtsstand und zur Gerichtsbarkeit sowie auch zur Mängelhaftung und Haftungsbeschränkung enthalten sein. Vorsicht ist im Auslandsgeschäft auch beim wirksamen Einbezug der AGB geboten. Wenn es dem deutschen Exporteur nicht gelingt, sein nationales Recht im Vertrag zu vereinbaren, sollte er sich unbedingt über die Besonderheiten des anwendbaren Rechts im Sitzstaat des Käufers informieren und im Zweifelsfall fachkundigen Rat einholen.
3. Zum Einstieg die richtige Vertriebsform wählen
Wer nicht an Direktkunden selbst liefern kann, weil dem Unternehmen der Markt beispielsweise noch nicht vertraut genug ist oder sich das Produkt für den Direktvertrieb nicht eignet, kann sich mit Vertriebspartnern behelfen. Die am weitesten verbreitete Kooperation läuft über Händler ab, die in eigenem Namen und auf eigene Rechnung die Ware weiterverkaufen. Gut etablierte Händler kennen die produktspezifischen Vertriebswege und wissen, wie der Markt zu bedienen ist. Der Nachteil an dieser Vertriebsform: Sofern der deutsche Exporteur mit dem Händler keine anderweitigen Abmachungen getroffen hat, bleiben die Kunden im Zielmarkt unbekannt und die Marge des Händlers verringert den Gewinn.
Ein alternatives, allerdings weniger verbreitetes Modell ist der Vertrieb im europäischen Ausland über Handelsvertreter, die idealerweise den Zielmarkt verstehen, Kunden für das Unternehmen suchen, Geschäftskontakte pflegen und Aufträge vermitteln. Der Vorteil: Die Unternehmen lernen ihre Kunden auf diese Weise besser kennen. Der Nachteil: die Provision sowie das eventuelle Fixum des Handelsvertreters verringern die Marge des deutschen Exporteurs.
4. Für Fortgeschrittene: Eigene Vertriebsmitarbeiter und Niederlassungen
Ab einem Gewinn von etwa 300.000 – 500.000 Euro kann sich nach Auffassung der EIC Trier GmbH je nach Zielmarkt die Organisation des Vertriebs über eigene Vertriebsmitarbeiter im EU-Ausland lohnen. Dabei gelten die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften des Einsatzlandes. Zudem muss der deutsche Arbeitgeber für den Vertriebsmitarbeiter im EU-Ausland Steuern und Sozialabgaben abführen. Hierzu stehen Steuerbüros oder auch die deutschen Auslandshandelskammern als Dienstleiter zur Verfügung. Der Vorteil beim Einsatz von Vertriebsmitarbeitern ist, dass diese dem Unternehmen gegenüber persönlich weisungsgebunden sind und somit der Vertrieb nach den Bedürfnissen und Vorstellungen des deutschen Exporteurs gesteuert werden kann. Damit sich der vergleichsweise kostenintensive Einsatz eines Vertriebsmitarbeiters im EU-Ausland auch rechnet, ist bei der Auswahl und Führung solcher Mitarbeiter allerdings entsprechende Sorgfalt vonnöten sowie Fach- und oftmals auch interkulturelle Kompetenz erforderlich. Im Bedarfsfall sollte sich der Exporteur hierbei durch Experten fachkundig beraten und begleiten lassen. Zudem sollte der Vertriebsmitarbeiter nicht über eine Abschlussvollmacht verfügen, da somit im EU-Ausland eine ertragsteuerliche Betriebsstätte begründet wird.
Die Gründung einer eigenen Vertriebsniederlassung, entweder als Tochtergesellschaft oder als unabhängiges Unternehmen, sollte erst erfolgen, wenn das Verkaufspotenzial für die zu vertreibenden Produkte oder Dienstleistungen als gesichert gilt. Denn dieser Schritt ist nicht nur kostenintensiv, es gelten zudem das Steuerrecht, das Arbeitsrecht sowie die Regelungen aus dem Zivil- und Handelsgesetzbuch des Ziellandes. Eine umfassende rechtliche und steuerliche Beratung ist bei der Gründung eines Unternehmens im EU -Ausland erfolgskritisch.
5. Interkulturelle Kompetenz aneignen
Die Geschäftskulturen innerhalb Europas sind durchaus unterschiedlich. Insofern ist es für die Mitarbeiter vor Ort wichtig, sich interkulturelle Kompetenz anzueignen. Wo sich Deutsche gern an die Tagesordnung klammern, erwarten andere, vor allem beziehungs-orientierte Gesellschaften, deutlich mehr Flexibilität. Zwei weitere Beispiele: In Deutschland sind Informationen eine Bringschuld, in Frankreich eine Holschuld – wer nicht nachfragt, wird nur wenig erfahren. Deutsche äußern Kritik zudem recht offen und kommen teilweise belehrend im Ausland rüber. In Frankreich oder auch in Luxemburg oder Italien ist direkte Kritik hingegen unüblich und kann dazu führen, dass die Geschäftsbeziehung Schaden nimmt.
Das bringt die Präsenz auf der B2B-Plattform europages
Wer Europa als Absatzmarkt im Auge hat, sollte sich zudem mit der B2B-Plattform europages beschäftigen. Hierbei handelt es sich um die größte internationale B2B-Beschaffungsplattform mit Produkten von mehr als drei Millionen Unternehmen. Hier finden sich Einkäufer aus ganz Europa, die eigene Anfragen erstellen und auf passende Angebote hoffen.
Lieferanten können auf europages digitale Unternehmensprofile mit den wichtigsten Eckdaten erstellen (Standort, Branche, Geschäftsmodell, Links zu eigenen Websites) sowie ihre Anfragen und Angebote veröffentlichen und verwalten.
Zahlreiche Funktionen und Statistiken stellen den Nutzern vielfältige Informationen bereit, unter anderem zur Anzahl von Impressions, Klicks und Kundenkontakten. Diese und weitere Daten unterstützen die Arbeit von Vertrieb und Marketing. europages verzeichnet drei Millionen registrierte Firmen, bietet Leistungspakete in 15 Sprachen an und deckt Märkte in 28 Ländern ab.