Der Weltfrauentag fand erstmals am 19. März 1911 statt, seit 1921 wird dieser am 8. März gefeiert. Entstanden ist er als Initiative sozialistischer Organisationen, die für die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen kämpfte.
Auch wenn man meint, solcherlei Themen sollten 2024 kein Thema mehr sein, zeigen die Statistiken, dass wir von einer Gleichberechtigung, beispielsweise im beruflichen Kontext, , noch weit entfernt sind. Laut des EU-Gleichstellungsindexes sind hier Vorreiter Dänemark, Schweden und die Niederlande. Für Deutschland zeigen Daten, dass der deutschlandweite Frauenanteil in Führungspositionen bei rund 24,0 Prozent lag. Dabei ist der größte Anteil von Frauen in Führungspositionen mit 36,7 Prozent im Gesundheitswesen zu finden. Im Maschinenbau lag dieser Anteil hingegen bei nur 9,8 Prozent.
Wir sprachen mit Isabel Grupp, Geschäftsführerin der Plastro Mayer GmbH, über Frauen, Führung und andere Karrierefragen.
Frau Isabel Grupp, CEO von Plastro Mayer GmbH
Frau Grupp, worauf ist Ihr Unternehmen spezialisiert?
Wir sind klassischer Zulieferer der Industrie in den Bereichen Kunststoffteilefertigung, Herstellung von Kabelmeterwaren, Werkzeugbau und Montage. Wir bieten Serviceleistungen wie das kunststoffgerechte Konstruieren, Laserschweißen und die Lohnfertigungen an. Dabei versteht sich die Plastro Mayer GmbH als der Kunststoff – Allrounder, der die funktionell zusammengehörenden Bereiche in einer deutschlandweit einzigartigen Kombination miteinander verbindet.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Mein Führungsstil ist partizipativ, kooperierend und teamorientiert. Er ist geprägt von Empathie und dem klaren Fokus auf die Menschen in meinem Team. Ich glaube fest daran, dass der Schlüssel zum Erfolg eines Teams darin liegt, die individuellen Bedürfnisse, Stärken und Herausforderungen jedes, jeder Einzelnen zu verstehen und zu berücksichtigen. Daher ist es mir wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jedes Teammitglied respektiert, gehört und unterstützt fühlt.
Ich begegne meinen Teammitgliedern auf Augenhöhe und ermutige sie, ihre Ideen und Perspektiven einzubringen. Durch offene Kommunikation und transparente Entscheidungsprozesse schaffe ich ein Umfeld, in dem Vertrauen und wirkliche Zusammenarbeit gedeihen können. Dabei ist es mir wichtig, nicht nur als Vorgesetzte, sondern auch als Mentorin und Unterstützerin zur Verfügung zu stehen.
Letztendlich strebe ich danach, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu befähigen, ihr volles Potenzial zu entwickeln und auszuschöpfen, so dass wir gemeinsam Ziele erreichen. Ich bin überzeugt davon, langfristigen Erfolg zu ermöglichen und eine positive Arbeitskultur zu etablieren, indem ich den Menschen in meinem Team Priorität einräume und ihre Entwicklung fördere.
Nehmen Sie Unterschiede im Führungsstil zwischen Männern und Frauen wahr??
Mein Führungsstil unterscheidet sich nicht aufgrund meines Geschlechts. Unabhängig davon, ob man männlich oder weiblich ist, kann ein Führungsstil von Empathie, Fokus auf die Menschen und Augenhöhe geprägt sein. Diese Merkmale sind nicht an das Geschlecht oder die Orientierung gebunden, sondern kommen aus den individuellen Werten, Erfahrungen, Fähigkeiten und vor allem aus dem Anspruch an die Führungsrolle einer Person.
Sicher könnte man schon argumentieren, dass Frauen in Führungspositionen aufgrund gesellschaftlicher Erwartungen oder persönlicher Erfahrungen möglicherweise eine größere Sensibilität für zwischenmenschliche Beziehungen und eine stärkere Neigung zur Empathie entwickelt haben. Das könnte sich in einem Führungsstil manifestieren, der sich stärker als in den vielleicht bisher oft gewohnten Führungsstilen auf die Bedürfnisse und Entwicklung der Teammitglieder konzentriert.
Dennoch ist mir wichtig, nochmal zu betonen, dass der Führungsstil einer jeden Person individuell ist und nicht durch das Geschlecht bestimmt wird. Letztendlich sollte ein effektiver Führungsstil durch die Fähigkeit geprägt sein, die Bedürfnisse der Teams zu verstehen und entsprechend darauf einzugehen - unabhängig von geschlechtsspezifischen Stereotypen.
Was würden Sie als Ihre größte Stärke oder Ihren größten Erfolg bezeichnen?
Meine größten Stärken sind meiner Meinung nach meine Ausdauer und meine Resilienz. Ich lasse mich nicht so leicht unterkriegen – auch, wenn ich viel Gegenwind erfahren habe im Leben.
Meinen größten Erfolg sehe ich darin, in einem männerdominierten Bereich wie den MINT-Berufen erfolgreich Fuß gefasst zu haben und mich dabei durch Fachkompetenz zu behaupten. Als Frau in einem solchen Umfeld zu studieren und später als Trainee in das väterliche Unternehmen einzusteigen, brachte zweifellos einzigartige Herausforderungen mit sich.
Anstatt mich von den Hürden entmutigen zu lassen, habe ich mich beharrlich und zielgerichtet darauf konzentriert, diese zu überwinden, mich durch sie weiterzuentwickeln und meinen Platz in der Branche zu finden. Mein anfänglich zurückhaltendes Verhalten war keine Schwäche, sondern eine bewusste Entscheidung, um deutlich zu machen, dass ich die Unterstützung meiner Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeitenden benötige, um erfolgreich zu sein.
Was waren die schwierigsten Momente in Ihrer Karriere?
Die schwierigsten Momente in meiner Karriere waren oft geprägt von meinem eigenen hohen Anspruch an mich selbst. Von meinen Eltern wurde ich leistungsorientiert erzogen und ich hatte immer hohe Erwartungen an meine eigene Leistungsfähigkeit. Diese hohen Erwartungen führten manchmal zu Momenten, in denen ich Druck gespürt habe - besonders während anspruchsvoller Projektphasen, in denen ich darauf bedacht war, stets erstklassige Ergebnisse zu erzielen. Trotzdem haben diese Erfahrungen mich gelehrt, widerstandsfähig zu sein und mich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Seit ich etwas sanfter zu mir selbst bin, habe ich sehr viel mehr Leichtigkeit im Leben.
Was war Ihr größtes Learning?
Mein größtes Learning war die Erkenntnis, dass Fehler und Herausforderungen untrennbar mit dem Lernprozess verbunden sind. Im Laufe meiner Karriere habe ich gelernt, sie als wertvolle Chancen zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung zu sehen. Jeder Rückschlag hat mir neue Einsichten und Fähigkeiten vermittelt, die mich letztendlich zu einer stärkeren und kompetenteren Fachkraft gemacht haben, sowie ganz sicher auch zu einem erfahreneren Menschen. All das hat mir geholfen, mutiger und entschlossener voranzugehen, um meine Ziele zu erreichen.
Sind Sie in Ihrer Karriere auf Hindernisse gestoßen, weil Sie eine Frau sind?
Wenn ja, wie haben Sie diese überwunden?
Ja, als Frau in einer männerdominierten Branche wie der Verfahrenstechnik bin ich auf Hindernisse gestoßen, die sich aufgrund meines Geschlechts ergeben haben. Einige dieser Hindernisse waren Vorurteile, Stereotypen und mangelnde Anerkennung meiner Fähigkeiten und Kompetenzen.
Um das zu überwinden, habe ich verschiedene Strategien angewendet: Zunächst einmal habe ich mich intensiv darauf konzentriert, meine Fähigkeiten und Kenntnisse in meinem Bereich kontinuierlich zu verbessern, um meine Kompetenz und Professionalität zu unterstreichen.
Darüber hinaus habe ich nicht gezögert, mich für meine Leistungen und Ideen einzusetzen und eine klare und selbstbewusste Stimme in Diskussionen und Entscheidungsprozessen zu haben. Indem ich meine Erfahrungen und Perspektiven aktiv einbrachte, konnte ich dazu beitragen, Vorurteile abzubauen. Ich habe mich aber niemals von Hindernissen abhalten lassen, meinen Weg zu verfolgen.
Schließlich habe ich mich auch für die Förderung von Diversität und Inklusion eingesetzt, sowohl innerhalb meines Unternehmens als auch in der Branche insgesamt. Durch die Förderung von Gleichberechtigung und Chancengleichheit möchte ich dazu beitragen, die Arbeitsumgebung für zukünftige Generationen von Frauen in MINT-Berufen zu verbessern.
Wie können wir mehr Frauen dazu ermutigen, Führungsrollen in ihrer Karriere zu übernehmen?
Aus meiner Sicht gibt es mehrere Möglichkeiten, Frauen zu ermutigen, Führungsrollen in ihrer Karriere anzustreben:
Mentoring und Coaching: Ein unterstützendes Mentoring-Programm, das Frauen den Zugang zu erfahrenen Führungskräften ermöglicht, kann ihnen helfen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und Selbstvertrauen aufzubauen. Ich selbst bin hier als Mentorin ehrenamtlich tätig.
Sichtbarkeit von Vorbildern: Es ist wichtig, erfolgreiche, weibliche Führungskräfte sichtbar zu machen und ihre Geschichten zu teilen, um anderen Frauen zu zeigen, dass es möglich ist, in Führungspositionen erfolgreich zu sein.
Kulturelle Veränderungen: Es ist wichtig, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die Vielfalt und Inklusion fördert und Frauen ermutigt, ihre Meinungen zu äußern und innovative Ideen einzubringen.
Flexible Arbeitsmodelle: Die Bereitstellung von flexiblen Arbeitsmodellen und Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann Frauen ermutigen, Führungsrollen anzustreben, ohne dass sie ihre persönlichen Verpflichtungen vernachlässigen müssen.
Beseitigung von Vorurteilen und Barrieren: Unternehmen sollten aktiv gegen geschlechtsspezifische Vorurteile und Barrieren vorgehen, um sicherzustellen, dass Frauen die gleichen Chancen haben wie ihre männlichen Kollegen, Führungspositionen zu erreichen.
Indem diese Maßnahmen ergriffen werden, können Frauen ermutigt werden, Führungsrollen in ihrer Karriere anzustreben und ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Sicher gibt es noch viele mehr, aber darin sehe ich effektive und für alle Unternehmen machbare Schritte.
Wie fördern Sie Frauen in Ihrem Betrieb?
Wir legen großen Wert darauf, sicherzustellen, dass Frauen bei der Rekrutierung und Beförderung dieselben Möglichkeiten haben, wie Männer. Wir entscheiden bei jeder Personalwahl ausschließlich auf der Grundlage von Kompetenz, Leistung und Potenzial.
Wir bemühen uns, eine Unternehmenskultur zu leben, die Vielfalt und Inklusion fördert und respektiert. Wir bieten ein unterstützendes Arbeitsumfeld, in dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig von ihrem Geschlecht geschätzt, respektiert und gefördert werden.
Gibt es bei Ihnen Frauen mit Führungsverantwortung, die gleichzeitig Mütter sind?
Ja, allerdings bereits mit erwachsenen Kindern.
Was ist die wichtigste Botschaft, die Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben möchten, die über ihre berufliche Laufbahn nachdenken?
Die wichtigste Botschaft, die ich jungen Frauen mit auf den Weg geben möchte, ist, an sich selbst zu glauben und mutig ihre Träume zu verfolgen. Es ist wichtig, sich nicht von gesellschaftlichen Erwartungen, Geschlechterstereotypen oder Hindernissen entmutigen zu lassen: Seid mutig, neugierig und bereit, Risiken einzugehen. Seid bereit, euch selbst herauszufordern und aus euren Erfahrungen zu lernen - egal ob sie positiv oder negativ sind. Habt Vertrauen in eure Fähigkeiten und lasst euch nicht davon abhalten, eure Ziele zu verfolgen. Seid ihr selbst und keine Kopie von jemand anderem.
Gibt es eine bestimmte weibliche Figur, die Sie in Ihrer Karriere inspiriert hat?
Ich hatte in meinem Leben einige Vorbilder und Menschen, die mich in unterschiedlichen Etappen meines Lebens begleitet und inspiriert haben. Angefangen bei meinen Eltern und meiner Familie, meinen Liebsten bis hin zu vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, mit denen ich über die Zeit im Austausch war oder es noch immer bin. Zu verschiedenen Zeitpunkten und in verschiedenen Lebensabschnitten sind immer wieder neue dazu gekommen, manche wieder aus dem Licht getreten. Eine spezielle Person kann ich so gar nicht nennen, da mein Leben ein kontinuierlicher Prozess ist und sich Ziele und Träume verändern. Ich orientiere mich immer an denjenigen, die schon dort sind, wo ich hinkommen möchte. Sobald ich das erreicht habe, gibt es neue Vorbilder, angepasst an neue Ziele. So spielt das Leben. Immer im Fluss.
Warum ist Ihrer Meinung nach Vielfalt am Arbeitsplatz so wichtig?
Vielfalt am Arbeitsplatz ist von entscheidender Bedeutung, weil sie eine Vielzahl von Perspektiven, Erfahrungen und Denkweisen fördert, was zu einer umfassenderen und kreativeren Lösungsfindung führt. Insgesamt trägt Vielfalt am Arbeitsplatz zu einer positiven Unternehmenskultur, erhöhter Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit sowie zu einer größeren gesellschaftlichen Integration bei. Ich bin überzeugt, dass Vielfalt am Arbeitsplatz ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs moderner Organisationen in einer zunehmend globalisierten und diversen Welt ist.
Was würden Sie sich für die jungen Frauen in der nächsten Generation wünschen?
Ich wünsche mir für die jungen Frauen der nächsten Generation eine Welt voller Möglichkeiten, Chancengleichheit und Respekt, in der sie ihr volles Potenzial entfalten können.
Frau Grupp, wir danken Ihnen herzlich für das Interview und wünschen alles Gute!